Fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker – oder doch lieber Dr. Google?
Die Zukunft des digitalen Patienten
Besuchen Sie noch eine Arztpraxis oder googeln Sie schon? Eine Frage, die im 21. Jahrhundert durchaus Berechtigung findet. Denn während vor einigen Jahren noch der Arzt die Deutungs- und Informationshoheit bei Gesundheitsfragen besaß, wird dieser immer häufiger von Dr. Google abgelöst. Laut einer Untersuchung der Gesellschaft für Innovative Marktforschung (GIM) im Jahr 2015 holte die Internetrecherche (69 Prozent) zum Arztbesuch (68 Prozent) auf, gefolgt von Krankenkassen und Apotheken mit jeweils 32 Prozent.
Aha!
Im digitalen Umfeld ist die Suchmaschine Ansprechpartner Nummer 1, allen voran Google. Fast Dreiviertel der Nutzer recherchierten hier, während sich rund 44 Prozent bei der Informationssuche auf medizinische Ratgeber verlassen.2
Eine Entwicklung, die im digitalen Zeitalter nicht von irgendwoher kommt: Die Informationen sind online schnell und anonym verfügbar – und das zu jeder Zeit sowie an jedem Ort. Patienten steht es frei, sich proaktiv über Symptome, Krankheiten oder Behandlungsmöglichkeiten zu informieren. Mit der Onlinerecherche wird ihnen der Weg zur Mündigkeit geebnet. Und das hat auch Einfluss auf die Arzt-Patienten-Beziehung. Durch die Mündigkeit des Betroffenen steigt der Anspruch an die ärztliche Versorgung: Viele Patienten informieren sich bereits vor dem Arztbesuch und streben dahingehend ein Mitspracherecht an. Sie hinterfragen mitunter Entscheidungen des eigentlichen Experten, sind anspruchsvoll sowie kritisch und drängen den Mediziner zur Rechtfertigung. Aber: Die Entwicklung bietet auch Möglichkeiten der Kooperation. So erlaubt es die digitale Informationsbeschaffung beispielsweise dem Patienten, den Arzt besser zu verstehen. Dank seines Vorwissens können Betroffene, Angehörige und Arzt auf einer neuen Ebene kommunizieren.
Was bedeutet ein „digitaler Patient“ für Gesundheitsportale?
In einer Zeit, in der die Information nur noch einen Mausklick beziehungsweise Touch entfernt ist, bietet sich Suchenden eine Fülle an Inhalten. Unzählige Webseiten buhlen um deren Aufmerksamkeit. Wie aber sollen Betroffene oder Angehörige unterscheiden, auf welche Webseiten Verlass ist? Anhand welcher Kriterien lässt sich guter medizinischer Content ausmachen? Der mündige Patient ist kritisch – auch im Bezug auf Gesundheitsportale. Umso wichtiger ist es daher, ihm verlässliche Informationen zur Verfügung zu stellen – und zwar so individuell wie möglich auf seine Gesundheitsfrage zugeschnitten. Relevanz, Aktualität und Qualität der Inhalte spielen ebenfalls eine bedeutende Rolle.
Die Zukunft des digitalen Patienten
Pflege durch Roboter, Sensoren in Smartphones, Wearables… Die Digitalisierung bietet in vielen Bereichen der Medizin Möglichkeiten: Von der Früherkennung einer Erkrankung bis zum Pflegefall – durch smarte Systeme, digitalisierte Patientenakten und vernetzte Medizingeräte ergeben sich neue Chancen, sowohl auf qualitativer Ebene als auch in Bezug auf die effiziente Versorgung von Patienten. Obwohl die Entwicklung in einigen Bereichen teils noch in den Kinderschuhen steckt, sind die Weichen für die Digitalisierung der Zukunft bereits gestellt. Ein Beispiel: die Telemedizin. In England und der Schweiz können sich Patienten bereits heute per Skype oder SMS ärztlich beraten lassen. Zwar ist dies in Deutschland noch nicht möglich, allerdings wurde im Mai 2018 mit der geänderten Neufassung des § 7 Absatz 4 der (Muster-)Berufsordnung der Grundstein für die Fernbehandlung gelegt. Wirft man einen Blick auf die aktuelle Forschung, ist mit der Telemedizin noch lange nicht Schluss. Um einige Beispiele zu nennen:
- Wearables: Mittels Fitnessarmbändern lassen sich aktuell Blutdruck oder Puls messen. Zukünftig sollen aus diesen Vitaldaten noch weitere Kennwerte ermittelt werden, beispielsweise die maximale Sauerstoffaufnahme bei Ausdauersportlern.
- Künstliche Intelligenz: Wissenschaftler haben ein Programm entwickelt, dass bei der Früherkennung von Brustkrebs zum Einsatz kommen soll. Die Maschine lernt unter Berücksichtigung von Risikofaktoren wie Patientenalter oder Krankengeschichte, wann sich aus Läsionen wahrscheinlich Brustkrebs entwickelt.
- Big Data: Im medizinischen Kontext ist damit mehr als das Sammeln und Analysieren von Patientendaten gemeint. Mithilfe dieser Informationen sollen nicht nur Betroffene besser und individueller behandelt werden, auch die Forschung verspricht sich von Big Data neue Erkenntnisse. Beispielsweise wäre es mit den gesammelten Daten möglich, die Entstehung von Krankheiten besser zu verstehen.
Alles in allem herrscht in der digitalen Forschung Aufbruchsstimmung. Viele Experten sind sich einig, dass die Entwicklungen im Bereich Healthcare großes Zukunftspotenzial haben. Vor allem im Hinblick auf die medizinischen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts: Beispielsweise müssen zukünftig wahrscheinlich immer mehr ältere sowie chronisch kranke Menschen behandelt werden. Und ebenfalls das Problem der gesundheitlichen Versorgungslücke in ländlichen Regionen gilt es zu lösen. Die Antwort auf diese Herausforderungen könnte die Digitalisierung bieten.
Link-Tipp
Was bringt die Zukunft? Inwiefern nimmt die Digitalisierung Einfluss auf die medizinische Versorgung? Mehr über die aktuellen Health-Trends haben wir in diesem Beitrag zusammengefasst.
Der digitale Wandel wird sich jedoch auch auf die Arzt-Patienten-Beziehung auswirken und ebenso das Verhältnis von Betroffenen und Healthcare-Professionals wie Ärzten, Krankenhäusern, Apotheken, Unternehmen der Gesundheitsindustrie und Krankenkassen nachhaltig beeinflussen. Welche genauen Änderungen sich dahingehend ergeben, bleibt allerdings abzuwarten. Wichtig ist jedoch, dass Diskussionen geführt werden, wie zukünftig beispielsweise mit den teils hochsensiblen Gesundheitsinformationen umzugehen ist. Verantwortlichen ist vor allem Offenheit und Transparenz nahezulegen, um Vertrauen sowohl auf Seiten des Patienten als auch der Healthcare-Professionals zu schaffen.
2Healthcare Marketing: Digital und diskussionsfähig. URL: https://www.g-i-m.com/_Resources/Persistent/82d4da42050779a0575285de0edd6c20741323e0/Digital%20und%20diskussionsfreudig.pdf (22.01.2019). S. 46.