Was ändert sich durch das Gesetz?
Allgemein soll mithilfe des Digitalen Versorgungsgesetzes (DVG) der Digitalisierungsprozess im Gesundheitswesen vorangetrieben werden. Dabei fokussiert sich das Gesetz auf drei Schwerpunkte:
Gesundheits-Apps auf Rezept
Ob es nun die Erinnerung an die Medikamenteneinnahme ist oder die Dokumentation der eigenen Blutzuckerwerte – Gesundheits-Apps kommen bereits jetzt großflächig zum Einsatz. Bislang mussten Nutzer diese aber selbst bezahlen. Künftig sollen bestimmte Anwendungen vom Arzt verschrieben und die Kosten von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen werden. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass die App als Medizinprodukt zählt – sogenannte Lifestyle-Apps, die beispielsweise Schritte zählen oder das Work-out tracken, fallen nicht darunter, da sie keinem medizinischen Zweck dienen.
Das Digitale Versorgungsgesetz sieht vor, das Zulassungsverfahren für Hersteller zu erleichtern. Ob die Gesundheits-App als Medizinprodukt gilt, wird vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) überprüft – und zwar auf
- Sicherheit,
- Funktionstauglichkeit,
- Qualität,
- Datensicherheit und
- Datenschutz.
Bis zur Zulassung dürfen die gesetzlichen Krankenkasse die App-Kosten vorläufig für ein Jahr erstatten. Während dieser Zeit muss der Hersteller nachweisen, dass seine Anwendung einen medizinischen Nutzen hat und zur Verbesserung der Patientenversorgung beiträgt. Kann er den Nachweis erbringen und wird die App als Medizinprodukt zugelassen, muss der Hersteller die Kostenerstattung ab dem zweiten Jahr mit dem BfArM aushandeln.
Telematikinfrastruktur und elektronische Patientenakten
Medizinische Institutionen (Kliniken, Apotheken und Krankenkassen) sowie Ärzte und Psychotherapeuten sollen mit dem Digitalen Versorgungsgesetz besser vernetzt werden. Dieses einheitliche System wird als Telematikinfrastruktur (TI) bezeichnet. Diesem müssen sich Apotheken bis spätestens Ende September 2020 anschließen, Krankenkassen haben noch bis zum 1. Januar 2021 Zeit. Ausgenommen von einer verpflichtenden Anmeldung an der Telematikinfrastruktur sind Hebammen, Physiotherapeuten sowie Pflege- und Rehabilitationseinrichtungen. Sie können sich freiwillig melden.
Interessant:
Erfolgt weiterhin kein Anschluss an die Telematikinfrastruktur, müssen Ärzte mit einem höheren Honorarabzug rechnen: Von bisher 1 Prozent steigt dieser ab dem 1. März 2020 auf 2,5 Prozent.1
Zentrales Element der vernetzten Gesundheitsversorgung ist die Einführung der elektronischen Patientenakte (ePA). Für Patienten bedeutet dies, dass sie beispielsweise Laborwerte oder Röntgenbilder digital einsehen, verwalten und löschen können. Auch welcher Arzt Zugriff auf die Daten erhält, sollen sie bestimmen können. Allerdings ist die Nutzung der ePA ab dem Jahr 2021 zunächst nur eingeschränkt möglich. Derzeit wird zu noch offenen Fragen wie dem Datenschutz vom Bundesministerium ein Referentenentwurf erarbeitet.
Bessere Erkenntnisse für die Gesundheitsforschung
Große Datenmengen sind eine Voraussetzung, um den medizinischen Fortschritt zu gewährleisten. Deshalb müssen die Krankenkassen künftig pseudonymisierte Abrechnungsdaten der Versicherten (nicht die Informationen aus der Patientenakte) an den GKV-Spitzenverband weiterleiten. Nach einer erneuten Pseudonymisierung werden sie an ein Forschungsdatenzentrum gegeben. Dort erhalten Wissenschaftler und Forscher auf Antrag die Ergebnisse übermittelt – somit stehen ihnen für Forschungszwecke aktuellere und vor allem mehr Daten zur Verfügung.
Telemedizinische Angebote
Mithilfe von „digitalen Hausbesuchen“ sollen Patienten künftig die Möglichkeit erhalten, sich per Telefon oder Videochat medizinisch beraten zu lassen. Vor allem für ländliche Regionen oder ältere Menschen können solche telemedizinischen Angebote von Vorteil sein.
In einigen Praxen sind Videosprechstunden zwar bereits gang und gäbe, allerdings durften Ärzte bisher nicht über das Angebot auf ihrer Webseite informieren. Dies soll sich mit dem DVG ebenfalls ändern. Zudem können nun auch die Aufklärung sowie Patienteneinwilligung über eine Videosprechstunde online erfolgen – bislang war hierfür ein vorheriges persönliches Arzt-Patienten-Gespräch vonnöten.
Übrigens: Im Fokus der telemedizinischen Angebote steht auch ein verbesserter Datenaustausch unter Medizinern. Mithilfe einer speziellen Software können verschiedene Ärzte künftig auf dieselben Daten und Dokumente zurückgreifen – die digitale Übertragung von beispielsweise Röntgenbildern und der anschließende fachliche Austausch sollen die diagnostische Qualität erhöhen.
Weitere Änderungen
Weniger Zettelwirtschaft – mit dem Digitalen Versorgungsgesetz soll Papier zum Auslaufmodell und Verwaltungsprozesse durch die Digitalisierung vereinfacht werden. Ein Schritt ist diese Richtung ist – neben der elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AU) und dem E-Rezept, die es bereits gibt, – künftig Heilmittel (Krankengymnastik…), Hilfsmittel (Seh- oder Gehhilfen…) sowie häusliche Krankenpflege digital zu verordnen.
Aha!
Bislang haben Ärzte mehr Geld erhalten, wenn sie den Arztbrief per Fax verschickt haben. Das soll sich nun ändern – mit dem DVG gibt es zukünftig deutlich weniger Geld für das Versenden eines papiernen Arztbriefes.
Patienten, die einer gesetzlichen Krankenkasse freiwillig beitreten möchten, wird ab sofort ermöglicht, dies online zu tun – so will man unnötigen Papierkram vermeiden. Andersherum dürfen Krankenkassen ihren Mitgliedern (mit deren Zustimmung) Informationen über innovative Angebote elektronisch zusenden. Um die Digitalisierungskompetenz der Patienten zu fördern, sind Krankenkassen darüber hinaus verpflichtet, ihren Mitgliedern Angebote zu unterbreiten, mit deren Hilfe sie ihre digitale Gesundheitskompetenz ausbauen können. Sofern gewünscht, können die Versicherten beispielsweise den Umgang mit digitalen Anwendungen wie Gesundheits-Apps erlernen.